Captain Faulmann Radelt Von Essen Nach Rath Verspatung Dampf and Ganselieseln
Captain Faulmann radelt von Essen nach Rath – Verspätung, Dampf & Gänselieseln
Captain Faulmann, der Freund gepflegter Umwege und entschleunigter Fortbewegung, hatte sich Folgendes vorgenommen: Eine Radtour von Essen nach Rath, mit Aussicht, Kultur und einem Schuss Ruhrpott-Romantik. Doch der Tag begann, wie es sich für ein echtes Abenteuer gehört – mit einem gepflegten Bahnchaos.
Prolog: Warteschleife mit Dampf
Früh morgens am 12 April stehe ich am Flughafen Köln/Bonn, Gleis 2 – bereit, den RE6 zu besteigen. Doch der bleibt schlicht und ergreifend aus. Ersetzt durch… gar nichts. Erst mal einen Kaffee holen – eine Stunde vergeht. Die Luft ist frisch, die Laune trotzdem gut. Dann ein Lichtblick: In Köln-Deutz und später auch am Kölner Hauptbahnhof entdecke ich seltsame Grüppchen – ausgestattet mit Stativen, dicken Kameras und Thermoskannen. Dampflok-Fotografen! Eine Spezies, die selten geworden ist, aber stets mit Würde auftritt. Offenbar steht eine nostalgische Sonderfahrt an. Ich lächle – leider fährt mein RE6 ab, bevor sich ein Nostalgieszug zeigt. Immerhin sehe ich noch den roten Schienenbus von rund um Köln, ein weiteres Projekt echter Bahnromantiker, Tatze hoch für die Enthusiasten von Cpt. Faulmann.
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Etappe 1: Aufbruch in Essen 🛤️
In Essen angekommen, besteige ich gegen 11:35 Uhr MESZ mein treues Rad. Die GPS-Aufzeichnung beginnt. Es geht hinein ins Grüne, vorbei an rostigen Relikten der Industrie, zwischen Parks und Kanälen, die kaum noch erahnen lassen, dass hier einst Kohle und Koks den Ton angaben.
Etappe 2: Der Baldeneysee – Vom Industrieprojekt zur Idylle 🌊
Der Weg führt mich bald zum Baldeneysee, 1933 als Stausee angelegt, um die Wasserqualität der Ruhr zu verbessern – und, natürlich, zur Energiegewinnung. Heute wirkt er eher wie ein überdimensionierter Biergarten auf Wasser: Segelboote tanzen, Spaziergänger flanieren, und ich gleite am Ufer entlang. Kaum zu glauben, dass hier früher Industrieabwasser floss. Fortschritt kann schön sein, wenn man ihn lässt.
Etappe 3: Kettwig – Ruhrpott trifft Fachwerk 🏘️
Dann Kettwig – ein Ort wie gemalt. Fachwerkhäuser, historische Gassen, das ruhige Plätschern der Ruhr, die einst das Rückgrat der Kohleindustrie war. Heute klar, sauber, fast poetisch. Ich verweile kurz, betrachte mein Spiegelbild im Fluss, sinniere über Vergänglichkeit und gönne mir ein Stück Streuselkuchen.
Etappe 4: Auf alten Gleisen zur Aussicht – die Niederbergbahn ruft 🚴♂️
Hinter Kettwig beginnt einer dieser Abschnitte, bei denen ich nicht nur fahre, sondern auch innerlich schwebe: Ich folge dem Niederbergbahn-Panoramaradweg – einer ehemaligen Eisenbahntrasse, die heute ein Meisterstück der Radinfrastruktur ist. Die Steigung ist sanft, der Belag tadellos, und vor allem: Die Aussichten sind großartig.
Zur Rechten öffnet sich der Blick auf die weit geschwungene Ruhrstraße und die Hänge des Ruhrtals, über die sich Sonnenlicht wie Sahne auf warmen Streuselkuchen legt. Weiter oben, zwischen Weiden und Apfelbäumen, reihen sich Pferdehöfe aneinander. Haflinger, Warmblüter und Ponys dösen entspannt am Zaun, während Reiterinnen in Helm und Hoodie an mir vorbeitraben. Hier duftet es nach Gras, Heu und friedlichem Leben. Für einen Moment möchte ich vom Rad absteigen, ein Pferd satteln und einfach im Trab davonreiten – aber dann erinnere ich mich das ich gar nicht weis, wie das geht.
Etappe 5: Die Bergische Kaserne – Wasser, Wald und Erinnerungen 🏞️
Nach der Höhenfahrt durch Felder und Wälder erreiche ich die ehemalige Bergische Kaserne, am östlichen Rand Düsseldorfs. Ursprünglich in den 1930er-Jahren errichtet, diente sie lange der Bundeswehr – zuletzt dem Zentrum für Verifikationsaufgaben, das internationale Abrüstungsverträge überwachte. Heute sind viele Gebäude leer oder im Umbau – die Zukunft zieht ein, Stück für Stück.
Etappe 6: Monheim, Leverkusen – Gänseliesel und Fußballchöre 🦆⚽
Zunächst erreiche ich Monheim, hinein in den Rheinbogen, wo ein liebenswerter Gruß wartet: die berühmten Gänseliesel-Ampeln. Statt des üblichen Ampelmännchens wacht hier eine Gänsehirtin über den Straßenverkehr – ein sympathisches Symbol für regionale Identität und ein echter Hingucker. Ich halte bei Rot. Natürlich.
Dann führt mich die Route weiter durch Leverkusen, wo ich am Stadion von Bayer 04 vorbeikomme. Schon von Weitem höre ich Fangesänge, Rufe, Trommeln – irgendwo da drinnen läuft ein Spiel, und das Stadion pulsiert. Von außen sieht man zwar nichts, doch die Geräuschkulisse reicht vollkommen aus, um die Emotionen zu transportieren. Ich spüre den Rhythmus unter den Reifen, als ich am Zaun entlangrolle, und grinse.
Was Captain Faulmann sonst noch auffiel 🧭
Auch abseits der Etappenpunkte gab es viel zu entdecken:
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🏛️ Villa Hügel: Hoch über dem Baldeneysee thront die einstige Residenz der Familie Krupp – Symbol für die industrielle Macht vergangener Zeiten.
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🌉 Ruhrbrücke Kettwig: Eine fotogene Brücke mit Ausblick auf Fachwerk und Fluss.
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🌲 Ratinger Stadtwald: Ein grünes Band mit alten Alleen, durch das der Weg ruhig und kühl verläuft.
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🧭 Neanderlandsteig: Ein Fernwanderweg, der kurz die Bahntrasse kreuzt – und Captain Faulmann zum kurzen Grübeln über Wanderstiefel verleitete.
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🏭 Chempark Leverkusen: Nicht schön, aber imposant – ein monumentales Mahnmal industrieller Wucht.
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🕊️ Himmelgeister Rheinbogen: Wer südlich ausweicht, findet hier Auenlandschaft und weite Blicke. Tatze hoch.
Ziel: Rath 🏁
Nach 86,15 Kilometern, 565 Höhenmetern bergauf, 606 Höhenmetern bergab und gut 5 Stunden 20 Minuten Fahrzeit erreiche ich Rath – angenehm erschöpft, seelisch erfrischt. Was bleibt, ist das gute Gefühl, mit eigener Kraft, offenen Augen und einer Portion Geduld eine ganze Region durchquert zu haben – von der Dampflokromantik in Köln bis zur Gänseliesel am Rhein.
🧢 Faulmanns Fazit
Dampflokgefühle, Gänseliesel-Charme und Kuchen am Hang – diese Tour hat alles, was mein Herz höher schlagen lässt.
Und morgen? Da bleib ich erstmal liegen.
— Captain Faulmann