🌲🔥 Ausschluss ist am Lagerfeuer ausgeschlossen

    2025-08-18 15:16:29 +0200

    Manchmal beschließen Ausschüsse Ausschlüsse, und am Ende bleibt niemand mehr übrig, der noch etwas zu beschließen hätte.
    Doch im Wald, am Feuer, gilt eine andere Ordnung: Hier zählt Tee mehr als Protokoll, Glut mehr als Geschäftsordnung.
    Und so sitzen Faulmann und Mummrich beisammen, um dem Ausschluss selbst die Tür zu weisen – mit einem Schmunzeln, einem Schluck und einem Trinkspruch.

    Faulmann:
    „Mummrich, der Ausschuss der Ausschüsse hat beschlossen, dass der Ausschuss Ausschuss ist.“

    Mummrich:
    „Dann ist also amtlich festgestellt, dass das Amtliche unamtlich und das Unamtliche amtlich geworden ist. Welch erhabene Klarheit!“

    Faulmann:
    „Heißt das nun, dass der Ausschuss sich selbst ausgeschlossen hat?“

    Mummrich:
    „Man könnte sagen: Er wurde in den Ruhestand versetzt. Ein Ausschuss im Ausstand, der ausschließlich dem Ausschluss der Unrichtigkeit der Beschlusslage der übergeordneten Instanz dient.“

    Faulmann:
    „Dann trinken wir darauf – auf den Ausschuss, der nun offiziell Ausschuss ist. Möge er in Frieden ruhen.“

    Mummrich:
    „Und möge er nicht wieder auferstehen wie der Phoenix aus der Asche. Denn davon hätten wir am Ende nur noch mehr Ausschuss.“

    Faulmann & Mummrich (fast gleichzeitig):
    „Auf den Ausschuss!“

    🌲 Am Lagerfeuer – Wenn die Langeweile Gäste bringt

    2025-08-16 18:12:06 +0200

    Prolog

    Manchmal ist es die Ruhe selbst, die den größten Lärm macht.
    Ein Abend im Wald, ein Feuer, das leise knistert, und plötzlich wird aus der Stille eine Bühne. Captain Faulmann sitzt da, die Schiebermütze tief im Fell, und Meister Mummrich pafft gemütlich seine Pfeife. Eigentlich kann hier nichts passieren – und genau darin liegt das Problem.

    Denn wo nichts geschieht, schleicht sich etwas anderes heran: die Langeweile.

    Und mit ihr eine merkwürdige Gesellschaft, die sich an diesem Abend am Feuer versammelt…


    „Hier kann dir nichts passieren, Mummrich. Kein Regen, kein Wolf, kein Jäger. Nur Stille.“ Meister Mummrich blies Rauch in die Dunkelheit, nickte bedächtig und sagte: „Gerade das ist die Gefahr, Bär. Wenn nichts mehr passiert, kriecht sie heran – die Langeweile.“

    Und tatsächlich huschte ein Schatten durch den Wald, raunte grummelig: „Pendel, Pendel…“ – und verschwand wieder.

    Faulmann lachte brummend und sprach: „Der alte Schwarzwälder mit braunem Schatten – den du so gern zitierst –, der hatte doch auch was dazu zu sagen?“ Mummrich nickte ernst. „Oh ja. Er hätte dich durch drei Wälder geschickt: erst das Warten – wie am Bahnhof; dann die Leere-nach-dem-Fest; und schließlich die tiefe Langeweile, wo alles gleichgültig wird und du plötzlich fragst: Warum überhaupt etwas ist – und nicht vielmehr nichts?“

    In diesem Moment schien ein alter Wanderer mit zerfleddertem Fahrplan ans Feuer zu treten. Er legte ihn schweigend in die Glut, murmelte: „Bahnhof. Abendgesellschaft. Abgrund.“ – und verschwand.

    Faulmann blinzelte. „Mummrich… hast du das auch gesehen?“ „Ach“, schmunzelte der Maulwurf, „der kommt öfter mal vorbei, wenn die Glut ruhig ist.“

    Da wehte ein schwarzer Manntel durch die Lichtung, schüttete eine Handvoll Ruß ins Feuer und sprach mit dunkler Stimme:
    Ennui… die Schwärze frisst selbst das Licht der Sterne.

    Kurz darauf folgte einer, der sich an den Bauch griff und knurrte:
    „Verdammt… diese Freiheit macht mir schlecht.“

    Faulmann zog die Schiebermütze tiefer. „Meine Langeweile riecht nach Holzrauch und Tee. Die ihre stinkt nach Stadt und Magenweh. Ich weiß, welche ich lieber einlade.“

    Noch ehe die Glut erlosch, trat ein drahtiger Mann mit wirrem Blick aus dem Schatten. Den Wanderstab in der Hand, warf er Funken ins Feuer und rief:
    „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können!“ Dann lachte er hell, und die Schatten der Bäume schienen kurz zu tanzen.

    Hinter ihm trat ein weiterer hervor, nervös Karten mischend, die er schließlich fallen ließ. „Alles nur divertissement… Spiele, Jagd, Ablenkung. Damit wir das Nichts nicht sehen.“ Der Wind wehte die Karten davon.

    Am Rand der Lichtung stand plötzlich ein stiller Mann im Mantel – als hätte ihn die Nacht selbst geschickt. Er sah nicht ins Feuer, sondern ins Dunkel, und sprach leise: „Verzweiflung… das ist die Krankheit zum Tode.“ Dann drehte er sich um und verschwand.

    Schließlich wehte ein leiser Wind, und mit ihm ein Mann, der Blätter voller Notizen trug heran. Er sah über die Flammen hinweg und flüsterte: „Der Engel der Geschichte… er blickt zurück, während der Sturm der Zukunft ihn vorwärts treibt.“ Dann lösten sich seine Zettel im Rauch auf, als wäre er selbst aus Papier gewesen.

    Faulmann und Mummrich saßen wieder allein am Feuer. Der Bär schmunzelte, brummte zufrieden und legte noch ein Stück Holz nach. „Wenn das die Langeweile ist, Mummrich, dann lass sie ruhig kommen. „So ein nächtlicher Maskenball im Wald – der ist mir lieber als jede Stadtgesellschaft.“ Mummrich grinste und zog an seiner Pfeife. Das Feuer knackte, und über den Wipfeln stand der Mond wie eine weiße Uhr, die nichts von Eile wusste. Und Faulmann brummte leise – als hätte er die Zeit selbst verstanden.


    🐻 Fazit

    Manchmal sind es nicht die Wölfe, die uns Angst machen, sondern die Stimmen, die aus der Stille kommen. Sie reden von Pendeln, Abgründen und Engeln, von Schwärze, Freiheit und Verzweiflung. Und doch – am Ende bleibt nur das Knistern des Feuers, der Geschmack von Tee und der Mond, der keine Eile kennt. Vielleicht ist genau das der Trost:

    Dass selbst die Langeweile, wenn man ihr einen Platz am Feuer gibt, zur Erzählerin wird.

    Vorsicht ist beim toten Winkel nun wirklich angeraten

    2025-08-08 19:01:26 +0200

    Ein nicht nur sprachhistorischer Seitenblick auf die dunklen Ecken unseres Sichtfelds

    Es ist schon kurios, wie sich Begriffe (ver)wandeln - vorallen in Zeit aber nihct nur. Der „tote Winkel“ ist ursprünglich ein geradezu sicherer Ort. Der Ausdruck “toter Winkel” kommt ursprünglich tatsächlich aus dem Militärischen. Man hat damit Bereiche bezeichnet, die von Geschützen oder Waffen nicht erreicht werden konnten, also quasi ein toter Raum im Sinne von “hier geht nichts hin”. Mit anderen Worten: ein sicherer Fleck mitten im Gefecht.

    Heutzutage ist der „tote Winkel“ weitestgehend im Straßenverkehr zu Hause und genau das Gegenteil: ein gefährlicher Bereich, in den man als Fahrer oft nicht sieht (Thema Schulterblick) – und der, trotz aller Technik, gelegentlich noch immer Leben kostet.

    In vielen anderen Sprachen ist man weniger dramatisch unterwegs. Im Englischen spricht man schlicht vom „blind spot“, im Spanischen vom „punto ciego“ und im Italienischen vom „angolo cieco“ – hier ist der Winkel also „blind“, aber nicht „tot“. Auch wenn’s manchmal ein Winkel und manchmal nur ein Punkt ist. Auch im Niederländischen oder Schwedischen bleibt man übrigens nüchtern bei der Sache.


    🌍 Wie der tote Winkel sich sprachlich tarnt

    Sprache Begriff Wörtlich übersetzt
    Deutsch toter Winkel toter Winkel
    Französisch angle mort toter Winkel
    Englisch blind spot blinder Fleck
    Spanisch punto ciego blinder Punkt
    Italienisch angolo cieco blinder Winkel
    Japanisch 死角 (shikaku) toter Winkel

    Und falls du dich jetzt fragst, wie man „Winkel des Todes“ direkt ins Französische übersetzt – kein Problem: l’angle de la mort. Wird zwar im Alltag nie gesagt, klingt aber direkt nach einem schlecht synchronisierten Actionfilm.
    „Il est entré… dans l’angle de la mort!“

    Das Russische und Polnische verwendet übrigend ähnlich dramatische Bilder wie Deutsch – „tote/n Stelle/Zone“, analog zum „toten Winkel“.


    🈶 Exkurs auf die andere Seite des Globus : Was bedeutet eigentlich „shikaku“?

    Der japanische Begriff für den toten Winkel lautet: 死角 (shikaku).
    Wörtlich: „toter Winkel“ oder „Ecke des Todes“. Klingt gefährlich – und ist es ja auch.

    • 死 (shi) = Tod
    • 角 (kaku) = Winkel, Ecke

    Im Alltag wird der Begriff ganz sachlich verwendet, z. B. in Fahrschulen, Sicherheitshinweisen oder Planzeichnungen. Trotzdem hat er – besonders für Außenstehende – eine fast filmreife Dramatik.

    🎭 Aber aufgepasst: Homophone-Alarm!

    „Shikaku“ ist im Japanischen ein echtes Chamäleon. Es klingt immer gleich, aber bedeutet ganz Unterschiedliches – je nach Kanji:

    Wort Kanji Bedeutung
    資格 shikaku Qualifikation, Berechtigung
    視覚 shikaku Sehsinn
    刺客 shikaku Attentäter (!)
    死角 shikaku Toter Winkel

    🥷 Wenn der blinde Fleck ein Attentäter ist

    Es ist fast schon poetisch – oder unheimlich treffend –, dass das japanische Wort shikaku nicht nur „toter Winkel“ (死角), sondern auch „Attentäter“ (刺客) bedeuten kann. Beide Begriffe klingen exakt gleich, unterscheiden sich nur durch das Schriftzeichen.

    Kontext ist in Japan also nicht nur hilfreich – er ist überlebenswichtig.


    🧠 Noch ein blinder Fleck – diesmal im Auge

    Und als wäre das sprachliche Bild nicht schon schön genug, gibt es im Deutschen noch einen zweiten „blinden Fleck“ – diesmal im ganz wörtlichen Sinne: auf der Netzhaut.
    Dort, wo der Sehnerv das Auge verlässt, befindet sich nämlich ein kleiner Bereich, der keine Lichtrezeptoren besitzt. Dort sieht man: nichts. Biologisch bedingt. Ein echter blinder Fleck.

    Im Alltag merken wir das kaum – unser Gehirn füllt die Lücke einfach auf, als wäre nichts gewesen. Ganz so, wie wir auch im Straßenverkehr manchmal Dinge „übersehen“, die eigentlich da sind.
    Der Unterschied: Das eine ist harmlos, das andere kann gefährlich werden. Und in beiden Fällen gilt: Nur weil wir es nicht sehen, heißt das nicht, dass es nicht da ist.


    📐 Sprachlicher Nachtrag: Der Winkel war nie ganz harmlos

    Ganz nebenbei: Der „Winkel“ war sprachgeschichtlich nie ein neutraler Ort.
    Schon im Althochdeutschen (winkil) bedeutete das Wort nicht nur „Ecke“, sondern auch: ein Ort des Versteckens, ein abgelegener oder nicht einsehbarer Ort – ein Schlupfwinkel, ein Ort des Rückzugs.

    Man lebte „in einem stillen Winkel“, man fürchtete „finstere Winkel“, man suchte „Zuflucht im Winkel“.
    Der Winkel war also immer schon ein Raum, in dem das Unsichtbare wohnt – oder das, was man lieber nicht sehen will.

    Man könnte fast sagen:

    „Winkel“ war schon immer „toter Winkel“ – der Tod kam nur später dazu.


    Vorsicht ist beim toten Winkel also nicht nur auf der Straße angeraten – sondern auch im Denken. Und manchmal auch in der Übersetzung.